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Marshall Plan:  Friedenssicherung und Nutzen für Afrika-

 Verantwortung der Länder des Globalen   

 Nordens in der Entwicklungspolitik

Dr. Fekadu Bekele

02.12.2017 FB

 

Bevor ich den Vortrag beginne, möchte ich einige Fragen stellen, die relevant sind, um den Sachverhalt zu verstehen.

 

  1. Kann der Marshall Plan in dieser Form die notwendigen Bedingungen schaffen, die für die Sicherung des Friedens wichtig sind?
  2. Was sind die theoretischen, wissenschaftlichen und philosophischen Grundlagen des

Marshall Plans?

  1. Kann der Marshall Plan das Leben der Afrikaner fundamental verbessern?
  2. Wie kann man die Verantwortung des globalen Nordens- westliche Länder-in der Entwicklungspolitik bewerten?
  3. Kann der globale Norden ideologiefrei und ohne Hegemonie Anspruch agieren?
  4. Was hat der globale Norden von den bisherigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der letzten 50 Jahren, die auf dem afrikanischen Kontinent praktiziert worden sind, gelernt?
  5. Warum erwarten wir so viel von dem Norden, wenn in manchen unterentwickelten Ländern,  die Situation genauso schlimm ist, wie in vielen afrikanischen Ländern?

Z.B. die Situationen in Bangladesch, Indien und in vielen mittel amerikanischen Ländern sind genauso schlimm wie in vielen afrikanischen Ländern südlich der Sahara.

  1. Unabhängig von dem Inhalt: Was steckt hinter dem Marshall Plan? Haben die Initiatoren  und die Planer eine andere Agenda oder wollen sie tatsächlich dem Kontinent helfen?

 

 

Um diese Fragen zu beantworten, sollten wir den Inhalt des Plans analysieren.

 

Der Plan legt Wert auf Frieden und Entwicklung. Man kann beide Aspekte als Ziel des Plans festlegen. Um diese Ziele zu erreichen,  haben die Planer den Fokus auf vier wesentliche Punkte gelegt.

 

  1. Fair Trade
  2. Private Investition
  3. Unternehmerischen Geist
  4. Schaffung von Arbeitsplätzen

 

  1. Was bedeutet Fair Trade in diesem Zusammenhanf? Die Planer haben nicht systematisch analysiert, wie man dieses Vorhaben realisieren kann.

Es ist bekannt, dass die globale Ökonomie von einigen wenigen Ländern dominiert ist. Die meisten afrikanischen Länder, südlich der Sahara, exportieren agrarische Produkte und strategische Rohstoffe. Die Preise von Rohstoffen und agrarische Produkten,  wie Kaffee und Kakao werden von den Rohstoffkartellen geregelt und diktiert.  Da diese Produkte unverarbeitet exportiert werden, herrscht ein ungleicher Tausch zwischen diesen und Industrieprodukten.  Unter den existierenden weltwirtschaftlichen Bedingungen ist Fair Trade unrealistisch.

Außerdem sind die wichtigsten strategischen Rohstoffe unter der Kontrolle von Rohstoffkonzernen, die Rohstoffe ausbeuten  und   nach Ausland verschiffen.  Afrikanische Regierungen sind Komplizen der multinationalen Rohstoffkonzerne und haben kaum Interesse die bestehenden Situationen zu ändern.  Die Rohstoffkonzerne haben ihre Sitze in Hongkong, Singapur, London,  New York und Toronto. Sie werden von den jeweiligen Staaten unterstützt.  Die Rohstoffkonzerne führen  verdeckte Kriege in verschiedenen Regionen Afrikas, speziell im Kongo und Zentral Afrika.

Auch im Zusammenhang mit agrarischen Produkte,  ist es auch problematisch über Fair Trade zu reden.

  1. Der Zugang zu dem europäischen Markt ist sehr schwer. Afrikanische Länder müssen viele Bedingungen erfüllen um Zugang zu dem europäischen Markt zu erlangen.
  2. Mitgliedsländer wie Griechenland, Italien, Portugal und Spanien produzieren mehr oder weniger ähnliche Produkte wie afrikanische Länder. Der EU Markt ist ohnehin von agrarischen Produkten, aus diesen Länder, und auch aus  Mittel- und Lateinamerikanischen Ländern importiert werden,  überschwemmt.
  3. Die meisten agrarischen und tierischen Produkte der EU werden subventioniert.
  4. Sogar die EU zerstört die bäuerliche Produktion in vielen afrikanischen Ländern, in dem sie subventionierte agrarische und tierische Produkte auf dem afrikanischen Markt
  5. Wenn afrikanische Regierungen Einschränkungen einführen um ihre eigenen Produkte von den Produkten, die aus der EU kommen zu schützen, bekommen sie keine wirtschaftliche Hilfe und Kredite von der internationalen Gemeinschaft.
  6. Es ist ein erklärtes Ziel der EU und der internationalen Gemeinschaft den Status quo beizubehalten.

Daher ist es sehr problematisch unter diesen sehr schweren Bedingungen über Fair Trade zu reden.

 

Kommen wir zu dem zweiten Aspekt, Private Investition.

 

In dem Plan ist die Notwendigkeit von privater Investition die Rede.  Die Planer denken und glauben, dass nur der private Sektor Wachstum und Beschäftigung schafft. Es ist von einem bottom-up economic development die Rede.  Die Planer glauben, nur so kann die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas gewährleistet werden.   Es bedeutet, dass der Staat sich nicht in die ökonomische Angelegenheiten einmischen bzw. intervenieren darf

Die Frage, die hier gestellt wird,  wie viele private Investoren  braucht ein Land, z.B. wie Nigeria, dass offiziell 13, 4% – –  Arbeitslosigkeit hat,  um genügend Arbeitsplätze für die Millionen arbeitssuchenden zu schaffen.  Wie in den anderen afrikanischen Ökonomien, herrscht auch in Nigeria keine transparente Marktstruktur. Der sog. informelle Sektor dominiert die Wirtschaft.  In vielen afrikanischen Ländern herrscht eine Unterbeschäftigung, die kaum statistisch erfasst wird.  Millionen von Afrikaner leben unter Existenzminimum.

Hier verkennen die Planer die sozioökonomischen Bedingungen der afrikanischen Länder und die psychologischen Verfassungen der Leute. Unter den herrschenden Bedingungen können keine privaten Investoren aus dem Boden schießen und für ökonomische Aktivitäten sorgen, die in der Lage wären, Arbeitsplätze für Millionen von Menschen zu schaffen.

Die Entstehung und Entwicklung von kreativen privaten Investoren ist ein langer Prozess, der systematisch kultiviert und gepflegt werden muss.

Die europäische Kulturgeschichte beweist, dass nur unter bestimmten soziologischen und psychologischen Bedingungen privates Unternehmertum entstehen und gedeihen kann.  Es bedarf einer Kulturrevolution, die den Geist für unternehmerische und sonstige Aktivitäten freisetzen kann.  Daher spielt  der Staat eine sehr entscheidende Rolle bei der Bereitstellung  von Rahmenbedingungen, wie die Einführung von allgemeiner schulischer Ausbildung, Förderung von Berufsschulen,  Unterstützung von kleinen und mittelständischen Betrieben, in dem der Staat eine spezielle Bank gründet, um billige Kredite mit langfristigen Laufzeiten, bereitzustellen.  Außerdem muss der Staat Institutionen gründen, die in der Lage sind, die kleinen und mittelständischen Firmen und einzelne  Investoren zu beraten und regelmäßig zu schulen.

Daher brauchen viele afrikanische Länder Staatsysteme, die diese Aspekte fördern können und in Gang setzen. Nur unter der Bedingung eines aufgeklärten Staates ist eine Art afrikanische Renaissance möglich.

Historisch gesehen hatten absolutistische Monarchen, Philosophen, Naturwissenschaftler, und andere gebildete Leute den Weg für die kapitalistische Entwicklung geebnet. Durch konzentrierte Aktionen von vielen Kräften könnte unternehmerischer Geist in West Europa entstehen.

Die afrikanischen Staaten und die globale Ökonomie verhindern die Entstehung von kreativen Kräften, die unternehmerisch aktiv werden wollen. Da  viele afrikanische Länder, ihre Märkte für ausländische Waren, einschließlich für gebrauchte Güter öffnen müssen, können die Staaten die einheimischen Industrien  nicht schützen. Freihandel und die Globalisierung verzerren den Markt und zwingen Investoren nur in bestimmten Bereichen wie Hotels, und Export und Import Aktivitäten zu spezialisieren und zu konzentrieren.   Es ist daher unmöglich unter dem Regime von Freihandel und Globalisierung einen Binnenmarkt auf der Basis von Manufaktur, Wissenschaft und Technologie aufzubauen. Nur wenn man dies verhindert bzw. korrigiert,  kann man Rahmenbedingungen für unternehmerische Aktivitäten schaffen.

Wie die Initiatoren des Plans glauben, ist es aber illusorisch, dass nur durch die Aktivitäten von privaten Investoren Jobs für Millionen Afrikaner geschaffen werden können. Unter den chaotischen Bedingungen die überall in Afrika herrschen, muss man holistisch und wohlgedacht herangehen um alle Kräfte, sowohl menschliche und als auch natürliche Ressourcen, zu mobilisieren. Dies kann nur mit einem Spezialprogramm durchgeführt werden bei dem  alle relevanten Aspekte  in Erwägung zieht. Um ein holistisches Programm auszuarbeiten müssen Soziologen,  Philosophen, Stadtplaner, Architekten, Psychologen, Ökonomen die nicht neo-liberal sind beteiligt werden. Es ist wichtig ausländische Berater heranzuziehen, die an holistische Entwicklung glauben. Experten mit neo-liberaler Denkweise müssen ausgeschlossen werden.  Jedes afrikanisches Land muss als Gesellschaft mit allen Attributen aufgebaut werden,  wenn es überleben will.  Frieden in jedem afrikanischen Land  kann nur wiederhergestellt werden, wenn jedes Land selbst über die wirtschaftliche  und gesellschaftliche Entwicklung, die es gewählt hat, bestimmen kann, und wenn es die Ressourcen seines Landes selbst kontrollieren kann.

  1. Der dritte Punkt ist unternehmerischer Geist, der von den Planern als eine der wichtigsten Pilaren angesehen ist, um Wachstum bzw. ökonomische Entwicklung zu erreichen. Wie unternehmerischer Geist entstehen kann, verraten uns die Planer nicht. Die Entstehung von unternehmerischem Geist kann nur durch allumfassende Bildung möglich gemacht werden. Wie oben  dargestellt ist, verhindern  Globalisierung und Freihandel die Entstehung vom unternehmerischen Geist. Außerdem haben die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die von dem IWF und der Welt Bank in den letzten 40 oder mehr Jahren auf dem afrikanischen Kontinent durchgesetzt worden sind,  den Weg für die Entstehung von Geschäftsaktivitäten, die kaum mit dem unternehmerischen Geist vereinbart sind, geebnet.

 

Die neo-liberale Wirtschaftspolitik des IWFs und der Welt Bank hat das Ziel die Ressourcen eines Landes in falsche Richtung zu lenken. Dadurch ist die Entstehung vom nationalen Reichtum auf der Basis von Wissenschaft, Technologie und Manufaktur verhindert worden.

Wenn man den Marshall Plan unter den oben genannten Aspekten analysiert, ist er kaum geeignet einen Beitrag für Friedenssicherung auf dem afrikanischen Kontinent zu leisten.

Der Plan lässt viele Aspekten außer Acht, die für die kriegerischen Auseinandersetzungen in vielen afrikanischen Ländern verantwortlich sind. Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Kongo, Zentral Afrika, und in anderen Teilen Afrikas sind Stellvertreterkriege. Die Kriege werden von vielen Kräften gesteuert, um die Ressourcen Afrikas auszuplündern.  Was in Mali und Niger unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung stattfindet, ist ein Paradebeispiel wie Söldner und ausländische Mächte den Kontinent systematisch destabilisieren. Wenn diese kurzsichtigen und irrationalen Aktivitäten der ausländischen Kräften nicht gestoppt werden, und ausländische Armeen in vielen afrikanischen Ländern stationiert bleiben, ist es unmöglich Frieden auf dem afrikanischen Kontinent zu sichern.

Daher ist es sehr wichtig, dass alle ausländischen Kräfte den Kontinent verlassen müssen, bevor man über einen Marshall Plan redet. Es  ist bekannt, dass unter friedlichen Bedingungen kreative Fähigkeiten, die für ökonomische Entwicklung notwendig sind, freigesetzt werden. Außerdem müssen die repressiven Staatsapparate, die in vielen afrikanischen Ländern existieren, abgebaut werden. Die staatlichen Institutionen müssen demokratisch umgestaltet werden. Die Einmischung ausländischer Kräfte in den Regierungen afrikanischer Länder muss verhindert werden. Die wirtschaftliche Entwicklung in Japan, Süd Korea, China und selbst in vielen westlichen kapitalistischen Ländern beweist, dass ein unabhängiger und autonom denkender und handelender Staat unerlässlich für eine ausgewogene und gesunde wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in jedem Land ist.  Die Viele afrikanische Regierungen und deren Staatsapparate sind in dem internationalen Herrschaftssystem eingebettet und dies ist hinderlich für die wirtschaftliche Entwicklung und für den  inneren Friedens. Daher ist es sehr schwierig für afrikanische Regime breite Akkumulationsbedingungen für einheimische unternehmerische Aktivitäten zu schaffen, damit die menschlichen und natürlichen Ressourcen systematisch für den Aufbau desjeweiliges Landes eingesetzt werden können. Stattdessen schaffen die meisten afrikanischen Staaten Akkumulationsbedingungen für die kapitalistischen Länder, in dem sie die Landwirtschaft in Plantagenökonomie verwandeln, und Rahmenbedingungen für Rohstoffkonzerne schaffen.  Die Konzerne können dann  die Rohstoffe ausbeuten um nach Europa und Amerika zu verschiffen.

Es ist daher imminent wichtig über die Rolle des Staates adäquat zu diskutieren. Um Frieden zu sichern und ökonomische Entwicklung zu ermöglichen,  muss die Aufgabe des Staates definiert werden. Es ist daher notwendig eine neue Generation von aufgeklärten Kräften zu erziehen, die allumfassendes Wissen, über Wissenschaft, Manufaktur, Technologie, Philosophie und Gesellschaftspolitik verfügen.

Die Verantwortung des globalen Nordens in der Entwicklungspolitik.

Um die Rolle des globalen Nordens zu begreifen, muss man einige  Aspekte berücksichtigen. Bekanntlich herrscht in vielen westeuropäischen Ländern ein kapitalistisches System.  Daher sind die kapitalistische Entwicklung im Westen und die Unterentwicklung Afrikas zwei Seiten derselben Medaille. Mit anderen Worten ist die Entwicklung im Westen nur möglich wenn   Afrika als  Quelle der Rohstoffe betrachtet wird  und ewig als Rohstoff Lieferant bleibt. Der  Kolonialismus im 19. Jahrhundert und die internationale Arbeitsteilung, die bis heute existiert, dienen  als Grundlagen der primitiven Akkumulation für den kapitalistischen Westen.  Nach der Unabhängigkeit vieler afrikanischer Länder ist diese internationale Arbeitsteilung mit anderen Namen fortgesetzt worden. Die verschiedenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die im Namen der freien Marktwirtschaft eingeführt worden sind, haben ein einziges Ziel; nämlich den Status Quo aufrechtzuerhalten. Die Militärputsche, die in den letzten 50 Jahren in verschiedenen afrikanischen Ländern stattgefunden haben, haben das Ziel wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung, die von dem Westen unabhängig ist, zu verhindern.

Die gewährten Entwicklungshilfen der letzten 60 Jahren dienten diesem Zweck. Entwicklungshilfen wurden und werden gewährt, wenn afrikanische Regierungen die Bedingungen des globalen Nordens akzeptieren und implementieren. Entwicklungshilfen sind nicht mit Auflagen gewährt, damit jedem afrikanischen Land  die Chance zu geben um eine starke Wirtschaft auf der Basis von Manufaktur, Wissenschaft und Technologie ermöglicht wird.  Die bisherigen Entwicklungshilfen, die entweder von westlichen Staaten, oder Nicht-Regierungsorganisationen  kommen, konnten die afrikanischen Länder nicht dazu befähigen eine nach innen gerichtete Wirtschaft auf der Basis von Manufaktur, Wissenschaft und Technologie aufzubauen.  Im Gegenteil, die Entwicklungshilfe perpetuiert die Armut und  Unterentwicklung.

Hinzu hat der Westen die neo-liberale Wirtschaftspolitik vom IWF und der Weltbank vehement unterstützt, und sogar zur  Bedingung gemacht, damit weitere Entwicklungshilfe gewährt werden können. Bekanntlich hat bis jetzt kein einziges Land es geschafft, nationalen Reichtum auf der Basis von Manufaktur zu entwickeln gemäß derneo-liberalen Wirtschaftspolitik des IWFs und der Welt Bank. Es ist ersichtlich, welche Schäden die Strukturanpassungsprogramme und andere diverse wirtschaftspolitische Maßnahmen, die im Namen von Marktwirtschaft eingeführt worden sind, angerichtet haben. Die chaotischen Situationen, die in vielen afrikanischen Hauptstädten herrschen,  sind Produkte der neo-liberalen Wirtschaftspolitik des IWF und der Weltbank.

Wenn wir über die Verantwortung des globalen Nordens reden, müssen wir diese  Fakten in Betracht ziehen und einige Fragen stellen.

  1. Hat sich der Westen im Allgemeinen selbst gefragt, was er bis jetzt in Afrika angerichtet hat?
  2. Hat er die moralische Verantwortung für die Hinterbliebenen wirtschaftlichen und sozialen Schäden übernommen, und die dazu führende verzerrte wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung?
  3. Ist der Westen bereit afrikanische Regierungen nicht mehr unter Druck zu setzen, wenn sie das Diktat des IWFs und der Weltbank ablehnen?  Der Westen muss wissen, dass die neo-liberale Wirtschaftspolitik, die im Namen der Marktwirtschaft durchgesetzt worden ist, ist verantwortlich für die chaotische Entwicklung in vielen afrikanischen Ländern.  Sie ist auch eine der Ursachen für die Massenflucht aus Afrika nach Europa.
  4. Kann der Westen Entwicklungshilfe ohne Auflagen gewähren?
  5. Ist der Westen bereit tatsächliches Wissen nach Afrika zu transferieren, das in der Lage ist holistische Entwicklung zu ermöglichen?
  6. Wird der Westen bereit sein, nicht mehr diktatorische Regime zu unterstützen?

Man kann beliebig viele Fragen stellen.   Fakt ist, dass der Westen nicht bereit ist eine andere Wirtschaftspolitik als der neo-liberalen Wirtschaftspolitik zu zulassen. Wenn auch ein neo-liberales Konzept nicht in  dem Marshall Plan und Compact with Africa, explizit erwähnt ist, kann man beim genauen lesen feststellen, dass das Programm neo-liberal gefärbt ist.

Wenn man beiden Aspekte der Fragestellung, nämlich Friedenssicherung  und Verantwortung des globalen Nordens  unter dem Gesichtspunkt des Marshalls Plans analysiert, kann man nicht erkennen, dass der Marshall Plan diese beiden Ziele ansatzweise erfüllen kann.

Die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft einschließlich der EU nicht bereit sind, eine andere Wirtschaftspolitik als die der letzten Jahrzehnte zu verfolgen,  ist der Marshall Plan zum Scheitern verurteilt. Zumindest beweist die weitere Verwendung der Glyphosat für die kommenden fünf Jahren, dass die EU und andere internationale Institutionen nicht Ideologie-frei agieren.

Es ist daher sehr wichtig, die Entwicklungspolitik der letzten 60 Jahren allumfassend zu analysieren, um einen vernünftige, für beide Kontinente akzeptablen Plan, zu entwerfen.  Der Westen, insbesondere die Regierung  der Bundes Republik Deutschland muss wissen, dass die allseitige wirtschaftliche Entwicklung Afrikas keineswegs dem Westen schadet. Die Nachfrage nach Maschinen und anderen Waren aus dem Westen können nur stetig wachsen, wenn die Wirtschaft Afrikas auf solidem Fundament aufgebaut wird.  Dies ist ein Projekt für die kommenden 50 bis 100 Jahren.

 

Der Marshall Plan adressiert nicht die Vorrausetzungen, die für wirtschaftliche Entwicklung und Friedenssicherung in jedem Land unerlässlich sind:

  1. In dem Marshall Plan sind Städte bauliche Strukturen nicht Wie bekannt, können Wirtschaftsaktivitäten nur in geordneten Strukturen stattfinden. Daher ist eine Raumplanung für  kreative Tätigkeiten und für die Entstehung von kleinen und mittelstädtischen Betrieben notwendig.
  2. In dem Plan sind Wohnungen verschiedener Größen nicht vorgesehen bzw. nicht geplant. Wirtschaftsaktivitäten können nur stattfinden, wenn die arbeitende Bevölkerung Wohnmöglichkeiten hat. Die Steigerung der Produktivität hängt vom Wohlbefinden der arbeitenden Bevölkerung. In jedem Land leben Menschen, die bestimmte Träume und Wünsche haben. Diese Träume und Wünsche können nur verwirklicht werden, wenn Städte und Wohnungen ästhetisch gebaut und gestaltet werden.
  3. Der Marschall Plan sieht nicht die Notwendigkeit der systematischen Erfüllung des Basic Needs, wie die Bereitstellung von vielfältigen Nahrungsmitteln, sauberes Wasser,  Strom und Energien verschiedener Arten, allgemeine schulische Ausbildung, und medizinische Versorgung.
  4. Die wichtigste Voraussetzung eines vernünftigen Plans ist die geistige Modernisierung einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht in jedem Land. Die Durchführung von Wirtschaftsaktivitäten ohne geistige Erneuerung und Kulturrenaissance führt notwendigerweise  zur chaotischen Situationen wie in vielen Latein und Zentral amerikanischen Ländern.  Der Marshall Plan vernachlässigt diesen zentralen Aspekt der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in jedem Land.
  5. Der Marshall Plan sieht nicht die Kultivierung von systematischer Arbeitsteilung, die verkettet zusammenarbeiten können. Die Produktion von Wertschöpfung ist nur möglich, wenn eine arbeitsteilige Ökonomie auf der Basis von Wissenschaft, Technologie und Manufaktur in jedem Land existiert. Nur durch die systematische Entwicklung einer arbeitsteiligen Ökonomie ist der Aufbau eines starken Binnenmarkts möglich.
  6. Der Marshall Plan sieht nicht die Notwendigkeit von Forschung und Entwicklung. Ohne Institutionalisierung von Forschung und Entwicklung, und ohne Unterstützung von Seiten des Staates, ist die Entwicklung von neuen Technologien nicht möglich.
  7. In dem Marshall Plan ist der Aufbau einer speziellen Kreditanstalt, der für die Mobilisierung des einheimischen Gelds notwendig ist, um billige Kredite mit längerer Laufzeit für kleine und mittelständische Betriebe zu gewähren, nicht vorgesehen.
  8. Es ist hier zu betonen, dass der Kernpunkt des Marshall Plans nicht der systematische und allseitige Aufbau eines Landes ist, sondern günstige Rahmenbedingungen für ausländische Investoren zu schaffen. Bekanntlich investieren ausländische Unternehmen nicht, um ein Land zu entwickeln,  sondern um Profite zu erzielen.
  9. Daher liegt die Verantwortung für den wirtschaftlichen Aufbau eines Landes in den Händen des Staates und der Bevölkerung selbst und ist nicht die Aufgabe ausländischer Kräfte. Ausländische Investoren dürfen nur investieren wenn sie tatsächlich etwas für die allseitige Entwicklung jedes Landes  leisten können.
  10. In dem Marshall Plan fehlen Analysen über die gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und kulturellen Verhältnisse in jedem Land. Jede Gesellschaft hat bestimmte kulturelle, sozioökonomische, politische und sonstige Bedingungen und Verhältnissen, die die Entwicklung eines Landes entweder verhindern oder fördern. Daher ist es notwendig eine umfassende Bestandaufnahme für jedes Land zu machen bevor man überhaupt einen ökonomischen Plan ausarbeitet. Es gibt keine allgemeingültigen Gesetzten, die für alle Gesellschaften auf dieser Erde gelten.  Die Planer glauben, dass sie ein Rezept für alle afrikanischen Länder haben.
  11. Der Marshall Plan ist im Geiste des Freihandels und der Globalisierung entworfen worden. Es ist bekannt, dass Globalisierung und Freihandel eine einzige Mission haben, nämlich einen weltweiten neo-liberalen Supermarkt zu schaffen, um mehr Waren abzusetzen. Globalisierung und Freihandel haben keine Kulturförderende und zivilisatorische Missionen. Sie treiben die Menschen zur mehr Konsum und daher verbreiten sie weltweit Gier, Zorn und Angst. Gier, Zorn und Angst sind wiederum die Grundlagen des Krieges. Freihandel und  Globalisierung  wiederum begünstigen die Entstehung totalitäre und diktatorische Regime in vielen afrikanischen Ländern.

 

Dr. Fekadu Bekele ist Publizist und Entwicklungsökonom.

 

 

 

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(Bild: rbb/Matthias Schirmer)

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